Wilde Pflanzen verschiedener Arten im Wald, auf Wiesen, oder Wegrändern begegnen unweigerlich jedem, der in der Natur unterwegs ist. Viele dieser Pflanzen sind essbar, teilweise sogar roh und können so zur kleinen Vitaminauffrischung bei jeglichen Aktivitäten draußen beitragen. Im Folgenden sollen einzelne dieser Pflanzen genauer vorgestellt werden. Natürlich können mit den Wildkräutern auch allerlei Gerichte gezaubert und verfeinert werden, hier wird sich aber auf Pflanzen beschränkt, die unterwegs direkt ohne vorherige Zubereitung gegessen werden können oder damit zum Beispiel das Pausenbrot belegt oder das abgefüllte Wasser zum Trinken aromatisiert werden kann. Nachfolgend noch ein paar Hinweise hierzu:

  • niemals ganze Bestände der Pflanzen abernten, lieber an mehreren Stellen sammeln
  • die einzelnen Teile nur abschneiden anstatt das ganze Gewächs herauszureißen, es sei denn, man ist gezielt auf die Wurzel oder das Rhizom aus
  • manche Pflanzen ähneln sich für ungeübte Betrachter vielleicht, sind aber geschützt oder sehr selten, daher bei Verdacht, dass eine geschützte Art vorliegt, die Pflanze lieber nicht
    sammeln
  • ebenfalls lieber auf den Verzehr der Pflanze verzichten oder zuvor einen Experten fragen, wenn Unsicherheit darüber herrscht, ob es sich um einen giftigen Doppelgänger handeln könnte oder wenn keine klare Zuordnung stattfinden kann
  • gute Sammelpunkte befinden sich auf Wiesen, Weiden und Wegrändern abseits von vielbefahrenen Straßen, intensiven landwirtschaftlichen Flächen oder bekannten Hunde-
    Gassi-Wegen
  • an sehr warmen Tagen sind ideale Sammelzeitpunkte morgens oder abends, da sich die Pflanzen als Verdunstungsschutz oft etwas zusammenrollen und dann gegebenfalls nicht mehr so aromatisch schmecken, ansonsten kann den ganzen Tag über geerntet werden
  • die meisten jungen Blätter und Triebe findet man im Frühjahr/ Frühsommer, Blüten im
    Sommer/ Spätsommer und Wurzeln sowie Rhizome eher im Herbst und Winter; manche Pflanzen bilden aber auch Triebe, die das ganze Jahr über gesammelt werden können

Vorkommen

Die gewöhnliche Schafgarbe wächst in der subtropischen bis gemäßigten Zone Eurasiens auf Wiesen, Weiden und Wegrändern aber auch auf Halbtrockenrasen in sonnigen Lagen bis in etwa 1800 m Höhe. Feuchte Stellen werden von der Pflanze nicht bewachsen.

Beschreibung

Die weiß- bis rosablühende Pflanze wird je nach Standort zwischen 20 und 120 cm hoch und blüht von Juni bis Oktober. Die auf der Oberseite fein behaarten, dunkelgrünen Blätter gehen fiederteilig von dem kräftigen Mittelnerv ab und erinnern dabei an den Aufbau einer Feder. Der Stängel und die Blütenköpfe sind in der Regel ebenfalls fein behaart. Die einzelnen Blüten werden etwa 4 bis 6 mm groß und sind am Stängelende mit mehreren Blüten zu Trugdolden gehäuft. Alle Pflanzenteile riechen beim Zerreiben sehr aromatisch.

Anmerkungen zur Essbarkeit

Im Frühjahr können die jungen Blätter, welche im Geschmack an Muskatnuss erinnern, roh gegessen werden. Ältere Blätter eignen sich zum Beispiel als Tee. Die Blüten können ebenfalls über die gesamte Blühdauer roh verzehrt werden. Menschen mit Korblütlerallergie sollten allerdings auf diese Pflanze verzichten. Beim Ernten kann bei sehr empfindlichen Menschen zudem in Verbindung mit Sonnenlicht eine Wiesendermatitis ausgelöst werden, was zu Rötungen und Brennen der Haut führt. Verwechslungsgefahr besteht im jungen Stadium und für unsichere Bestimmer mit dem leicht giftigen Rainfarn (Tanacetum vulgare) welcher beim Zerreiben aber eher unangenehm riecht.

Zusätzliche Informationen

Der wissenschaftliche Artname „Achillea“ geht in der griechischen Mythologie auf den Helden von Troja Achilleus zurück, welche in der Heilkunde Kenntnis hatte und eine Speerwunde der Telephos mit der Schafgarbe geheilt haben soll. „Millefolium“ bedeutet tausendblättrig und weist in diesem Fall nicht direkt auf die Anzahl der Blätter hin sondern auf die zahlreichen Fiederteile die auf jedem Blatt zu finden sind.  Der deutsche Name deutet darauf hin, dass die Pflanze gerne von Schafen gefressen wird. Unzählige Schmetterlings- und Bienenarten nutzen die Schafgarbe als Nektar- und Futterpflanze.

Schlangen-Knöterich – Bistorta officinalis Delarbre

 

Vorkommen

Der Schlangen-Knöterich ist in ganz Mitteleuropa oft flächendeckend vor allem auf feuchten Wiesen sowie an Bach-und Grabenrändern in höheren Lagen und in den Alpen bis etwa 1800 m Höhe, seltener auch in Auenwäldern tieferer Lagen, zu finden.

Beschreibung

Die mehrjährige Pflanze ist von aufrechtem, von 50 bis 120 cm hohem Wuchs und ist zur Blütezeit ab Mai bis Juli an ihren rosafarbenen Einzelblüten in der bis zu 5 cm langen Scheinähre oft schon von weitem zu erkennen. Die länglichen Blätter sind auf der Oberseite dunkelgrün, während die Unterseite bläulich- grün und weich behaart ist, der  Rand der Blätter ist etwas gewellt. Deutlich erkennbar ist auch die weiße Mittelrippe in jedem Blatt. Die unteren Blätter sind lang gestielt, die oberen sitzen direkt am Stängel mit einer herzförmigen Basis. Das meist S-förmige Rhizom („Wurzelstock“) ist schlangenartig gewunden. Die bräunlichen Samen, die etwa ab Ende Juli bis September reif sind, bestehen aus dreikantigen Nussfrüchten.

Anmerkungen zur Essbarkeit

Die jungen Blätter erinnern im Geschmack an Spinat und können roh gegessen werden, ältere Blätter sollten zuvor erhitzt werden. Die reifen, optisch an Bucheckern erinnernden, Samen sind ebenfalls roh essbar. Auch das stärke- und gerbstoffreiche Rhizom lässt sich vor allem im Herbst und Winter verwenden, muss aber vorher gekocht werden. Aufgrund der enthaltenen Oxalsäure, wie sie auch etwa in Spinat vorkommt,  sollte der Schlangenknöterich nicht massen- und dauerhaft verzehrt werden.

Zusätzliche Informationen

Der lateinische Name „Bistorta“ bedeutet so viel wie „zweimal gedreht“ und verweist auf das schlangenförmig gedrehte Rhizom; „officinalis“ deutet auf die (historische) Verwendung als Heilpflanze, vor allem in Apotheken, hin. Zahlreiche Schmetterlingsarten nutzen den Schlangen-Knöterich als Nektar- und Raupenfutterpflanze.

Quelle Zeichnung: Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland Gefäßpflanzen: Atlasband. Jäger, E.J. (Hrsg.) 11. Auflage, 2011, 756 S. Spektrum Akademischer Verlag.

Wiesen-Labkraut – Galium mollugo agg.

Vorkommen

Das Wiesen-Labkraut wächst in ganz Europa auf nährstoffreichen Wiesen, Weiden und Wegrändern und fällt in der Blütezeit von Mai bis September beim Vorbeigehen schon durch den honigartigen Duft auf.

Beschreibung

Die Pflanze ist etwa zwischen 25 bis 100 cm hoch und hat weiße, gelbliche oder grünlichweiße kleine Blüten mit jeweils vier Kronblättern. Der Stängel ist vierkantig und wird in regelmäßigen Abständen rundherum von mehreren länglichen Teilblättchen eingehüllt.

Anmerkungen zur Essbarkeit

Junge Blätter, Triebspitzen und Blüten können das ganze Jahr über roh gegessen werden. Auch  in den Wintermonaten sind bei milden Temperaturen einzelne Triebspitzen zu finden. Verwechslungsgefahr besteht nur mit anderen Labkräutern, die aber ebenfalls alle essbar sind. Der Geschmack erinnert an Kopfsalat mit einer leichten Rucola – Note. Die Blüten können ebenfalls zum Aromatisieren von Wasser verwendet werden.

Zusätzliche Informationen

Der deutsche Name Labkraut bezieht sich auf in der Pflanze vorkommende Enzyme, die dem Labferment sehr ähnlich sind. Aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit verschiedene Labkräuter zur Käseherstellung verwendet. Die Herkunft des lateinischen Namens ist nicht hinreichend geklärt. „Galium“ stammt aber vermutlich vom lateinischen Wort „Gala“ = Milch ab, was auf die Verwendung als Labferment hinweist, „mollugo“ bedeutet so viel wie „eine Sippe“, was wohl auf die vielen sich ähnelnden Labkräuterarten hindeuten könnte.  Raupen zahlreicher Nachtfalterarten sowie viele Bienenarten nutzen das Labkraut als Futterpflanze.

Kleines Habichtskraut – Hieracium pilosella L.

Vorkommen

Das kleine Habichtskraut ist eine typische Magerrasenpflanze, kommt also auf sonnig warmen, trockenen und sandigen oder lehmigen Böden vor.  Es ist in ganz Europa bis in etwa 2000 m Höhe zu finden. Häufig ist es gesellig mit mehreren Pflanzen derselben Art zu finden.

Beschreibung

Mit ihrem aufrechten, blattlosen und behaartem Stängel wird die Pflanze zwischen 10 und 30 cm hoch. Die ovalen und leicht blaugrünen Blätter sind auf der Blattoberseite ebenfalls behaart, auf der Blattunterseite sind sie gräulich filzartig. Bei starker Trockenheit werden die Blätter eingerollt, wodurch die filzige Blattunterseite zum Vorschein kommt. Oft fallen neben einer Pflanze lange, beblätterte Ausläufer auf, durch die sich das Habichtskraut vegetativ vermehrt. Der gelbe, einzelne Blütenkopf erinnert in ihrem Aufbau an ihren geläufigeren Verwandten, den Löwenzahn.

Anmerkungen zur Essbarkeit

Blätter, Blütenknospen und Blüten können roh gegessen werden und schmecken recht herb, wobei die Blüten etwas milder als die Blätter sind. Alle anderen Habichtskrautarten wie etwa das Orangerote Habichtskraut (Hieracium aurantiacum; mittleres Bild) können ähnlich verwendet werden. Menschen mit Korblütlerallergie sollten auf den Verzehr von Habichtskräutern verzichten.

Zusätzliche Informationen

„Hieracium“ leitet sich von dem griechischem Wort „ hierax“ = Habicht ab. Welches Motiv bei der Benennung der Pflanze dahintersteckt, ist bis heute ungeklärt. „Pilosella“ leitet sich als Diminutiv (wegen der niedrigen Wuchsform) vermutlich vom lateinischen Wort für behaart „pilosus“ ab und weist auf die Behaarung der Blätter hin. Habichtskräuter dienen im Allgemeinen zahlreichen Schmetterlings- und Bienenarten als Futter- und Nektarpflanze.

Gewöhnlicher Hornklee – Lotus corniculatus L.

Vorkommen

Der Gewöhnliche Hornklee kommt in Eurasien bis zum nördlichen Mittelmeergebiet auf nährstoffreichen Wiesen, Weiden, Halbtrockenrasen und Wegrändern in warmen und mäßig-trockenen Standorten sowie Feuchtwiesen bis in etwa 2300 m Höhe vor. Häufig zeigt die Pflanze einen lehmigen Untergrund an.

Beschreibung

Die mehrjährige, tiefwurzelnde Pflanze wächst krautig und weist einen vierkantigen Stängel auf, welcher entweder liegend ist oder in bis zu 30 cm Höhe aufsteigt. Die 3-zähligen Blätter mit bläulichgrüner Blattunterseite sind in etwa doppelt so lang wie breit und haben meist ein am Stängel liegendes Nebenblattpaar. Die etwa 1 cm großen gelben Blüten erscheinen von Mai bis August und sind zu Blühbeginn sowie gegen Blühende oft rötlich überlaufend.

Anmerkungen zur Essbarkeit

Die jungen Triebspitzen und Blätter sowie die Blüten können in kleinen Mengen roh gegessen werden. Der Geschmack erinnert an Erbsen. Die Pflanze enthält niedrige Mengen an Cyanwasserstoffen (Blausäure) wie sie auch etwa in Bittermandeln, Süßkartoffeln oder Leinsamen vorkommen, die aber bei gelegentlichem Verzehr in eben kleinen Mengen als unbedenklich gelten. Wer dennoch sicher gehen möchte, kann alle Pflanzenteile erhitzen, dadurch verdampft die Blausäure.

Zusätzliche Informationen

Der deutsche Artname sowie das lateinische Wort „corniculatus“ (= „kleines Horn“) verweist auf das hornartige Schiffchen an der Blüte (häufig der rötliche Teil zu Blühbeginn). Der Name „Lotus“ wurde in historischen Zeiten für viele Pflanzenarten verwendet, die meist eine essbare, wohlschmeckende Frucht aufweisen (wie etwa der verwandte Essbare Hornklee (Lotus edulis)) und wurde folglich auf ähnliche Pflanzen als Gattungsname übertragen. Zahlreiche Schmetterlingsarten nutzen die Pflanze als Nektar- und Raupenfutterpflanze. Nicht selten sind dabei Tagfalter der Familie der Bläulinge auf den Blüten zu finden.

Stefanie Schiche

Stefanie Schiche

Geographin und Biologin

Als Geographin und Biologin bin ich im Natur- und Artenschutz tätig und nicht nur im Beruf gerne und häufig draußen unterwegs. Dabei interessiert mich vor allem die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten in den unterschiedlichen Lebensräumen, mit denen ich mich gerne auch mal ausgiebiger beschäftige. Viele naturorientierte Exkursionen im Studium haben meine Freude am Reisen und mein Interesse an der Tier- und Pflanzenwelt verstärkt. Meine Vorliebe für Verwertbares aus der Natur hat sich spätestens dann entwickelt, als schon in meiner Kindheit das meiste „Unkraut“ im Garten einfach weggegessen wurde, Pilze gesammelt und aus verschiedenen Wildfrüchten Marmeladen hergestellt wurden.

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