Der Watzmann – König unter den Gipfeln Bericht einer Gratwanderung in Berchtesgaden

Mit seinen 2.713 Metern ist der Watzmann nach dem Hochkönig der zweithöchste Berg im Berchtesgadener Land. Für eingefleischte Alpinisten ist er beides: ein Muss wie eine Herausforderung. Denn mit seinen drei markanten Gipfeln, dem Hocheck (2.651m), der Mittelspitze (2.7.13m) und der Südspitze (2.712m) ist die Überschreitung des Watzmanns nur geübten, klettergewandten und schwindelfreien Bergsteigern vorbehalten.

Mit seinen drei Gipfeln über 2500 Höhenmeter ist die Watzmann-Überquerung als Hochtour zu betrachten, eine Mischung zwischen Bergsteigen und Bergwandern. In dieser felsigen Höhe kann man einen Steinschlag nie ausschließen. Ein bequemer Helm, den man länger tragen kann, ist hier unser Tipp. Natürlich darf das Klettersteigset auf dieser Tour auch nicht fehlen.

Die Watzmann Überschreitung auf einen Blick

Der erste, 8,7 Kilometer lange Streckenabschnitt reicht vom Parkplatz Wimbachbrücke in Ramsau (628m) über das Watzmannhaus (1.917 m) zum Hocheck. Für das letzte, 2,2 Kilometer lange Teilstück ab dem Watzmannhaus auf einem hochalpinen Steig mittlerer Schwierigkeit benötigt man ca. 2-3 Stunden.

Nach einer Übernachtung im Biwak am Hocheck beginnt dann die eigentliche, sehr anspruchsvolle Überschreitung des Grats. Sie dauert noch einmal 10-12 Stunden bzw. 16,3 Kilometer, in denen man einen Aufstieg von ca. 1.200, und einen Abstieg von insgesamt 2.500 Höhenmetern zu bewältigen hat. Besonders für den ersten Teil des Abstiegs nach der Südspitze ist Klettererfahrung vom Schwierigkeitsgrad II gefordert, wobei der Weg nicht durchgehend gesichert ist. Die vorhandenen Klettersteige sind vom Grad B.

Ca. 2 Kilometer nach der Wimbachgrieshütte mündet der Abstieg in einen Forstweg, der über das Wimbachschloss zurück zum Ausgangspunkt führt. Die Gesamtstrecke des Rundwegs beträgt 22,5 Kilometer. Wer nicht am selben Tag ganz zurück ins Tal absteigen möchte, kann alternativ an der Wimbachgrieshütte auf 1.336 Metern Station machen, und am nächsten Tag über St. Bartholomä und den Königssee weiterwandern.

Bergsteiger sollten die Watzmannüberschreitung nur bei absolut stabilen Wetterverhältnissen in Angriff nehmen. Bei Wetteränderungen, Nebel oder bei drohendem Gewitter sollte man keinesfalls über den exponierten Grat zurückgehen.

Die Etappen der Watzmann Überschreitung

1. Tag der Watzmann Überschreitung – die erste Etappe zum Watzmannhaus

Gut gerüstet und ausgeruht treten wir die Tour an einem Montag im Juli an. Der Sommer, bzw. die Monate von Juli bis Oktober, ist übrigens die beste Jahreszeit um den Watzmann zu erzwingen. Los geht es bei wolkenlosem Himmel gegen 7.00 Uhr morgens am Parkplatz an der Wimbachbrücke. Auf einem gut ausgebauten Forstweg wandern wir über die Stubenalm in Richtung Watzmannhaus

Fast bei jedem weiteren Höhenmeter steigt die Aufregung vor dem großen Gipfel. Ob es am komfortablen Weg liegt, der unsere Kräfte noch kaum in Anspruch nimmt? Bald schon kommt der Falzköpfel in Sicht, auf dem das Watzmannhaus steht. An der Falzalm angekommen nehmen wir das letzte, steile Stück zum Watzmannhaus in Angriff.

Sobald wir auf der Hütte sind, lehnen wir uns erschöpft zurück und genehmigen uns ein kühles Getränk. Wir schauen hinunter ins Tal, das Panorama geht in Richtung Nordosten, wo wir geradeaus die entfernten Spitzen vom Salzburger und vom Berchtesgadener Hochthron sehen.

Das Watzmannhaus - Ziel der ersten Etappe am ersten Tag der Watzmann Überschreitung.

Das Hocheck: Sturm auf den ersten Gipfel auf der zweiten Etappe der Watzmann Überschreitung

Nach anderthalb Stunden ist es Zeit, zum Hocheck aufzubrechen. Schon nach etwa einem Kilometer verwandelt sich der Weg in einen hochalpinen Steig, voller Felsen, der uns auf die späteren Herausforderungen auf dem Grat einstimmt. Über Schrofen und Geröll steigen wir die vielen Kehren hoch, die zum Gipfel führen.

Endlich, gegen 18.30 Uhr, erreichen wir das erste der beiden Gipfelkreuze. Wir sind jetzt auf 2.651 Metern Höhe, das Wetter ist nicht mehr ganz wolkenlos, aber immer noch gut.

Wir sind außer Atem, geschafft von den Strapazen des Tages und gleichzeitig hochzufrieden: Am ersten Tag unserer Watzmanntour haben wir gute 2.000 Höhenmeter überwunden und sind an einem der höchsten Punkte angekommen. Wir genießen noch lange das großartige Gipfelmeer, das sich vor uns ausbreitet, und rüsten uns dann für die Nacht in unserem Biwak.

Das Watzmannhaus - Ziel der ersten Etappe am ersten Tag der Watzmann Überschreitung.

2. Tag der Watzmann Überschreitung – die erste Etappe vom Hocheck zur Südspitze

Die Überschreitung des Grats

Der nächste Morgen, 6.30 Uhr, Tag 2. Statt des vorhergesagten Sonnenscheins erwartet uns ein bedeckter Himmel. Einzelne Nebelschwaden ziehen aus dem Tal auf. Wir wissen, dass mit dem Watzmann nicht zu spaßen ist. Nach einer kurzen Beratung mit unserem Team beschließen wir, die Überschreitung dennoch zu wagen. Spätestens nach den ersten 200 Metern wird klar, warum die Tour nur absolut trittsicheren und schwindelfreien Bergsteigern angeraten wird: Rechts und links von uns tun sich förmlich Abgründe auf, der Weg ist vom Schwierigkeitsgrad I-II und an vielen Stellen nicht gesichert. Drahtseile fehlen oft an den exponiertesten Stellen, so dass überall höchste Konzentration geboten ist.

Umso mehr lassen wir unseren Blick während der kurzen Verschnaufpausen in die Ferne schweifen. Das Wetter scheint sich zum Besseren zu wenden und die Aussicht ist, wenn auch nicht optimal, immer noch atemberaubend schön.

Nach knapp zwei Stunden erreichen wir die Südspitze. Dort lassen wir uns etwas Zeit, um die errungene Höhe zu genießen. Beim Blick zurück auf den soeben erwanderten Grat wird uns das ganze Ausmaß der Unternehmung erst so richtig bewusst. Rechts von uns in der Ferne sieht man den Hochkalter, direkt vor uns das große Palfenhorn und, weiter links, den Hundstodkendelkopf. Dreht man sich um und schaut zurück in Richtung Nordosten, stößt man auf den Kleinen Watzmann. Dazwischen liegt ein ganzes Meer an kleineren Gipfeln und Tälern. 

Der Grat zum Südgipfel - erste Etappe des zweiten Tages der Watzmann Überschreitung

Der steinige Abstieg – die zweite Etappe an diesem Tag

Ein Blick auf die Uhr sagt uns, dass es Zeit ist aufzubrechen. Wenn wir es heute bis zum Parkplatz Wimbachbrücke schaffen wollen, haben wir noch einen weiten und äußerst beschwerlichen Abstieg durch die Berchtesgadener Alpen vor uns. Direkt von der Südspitze geht es im Steilabstieg ins Schönfeld in Richtung Wimbachgrieshütte, oft im Schwierigkeitsgrad I. Auch hier sind, nicht weniger als oben am Grat, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Klettergewandtheit ein absolutes Muss. Denn bis weit hinter die Wimbachgrieshütte gibt es weder einen Weg, noch einen durchgehenden Klettersteig mit Drahtseil, dafür aber immer wieder kleinere Kletterpassagen.

Zum Glück ist das Wetter stabil, so dass die Gefahr von Steinschlag auch beim Abstieg kalkulierbar bleibt. Trotzdem will jeder Schritt wohl gesetzt sein. Umso mehr, als wir aus unserem Bergführer wissen, dass es hier oben keinen Mobilfunkempfang gibt! Hier gilt natürlich, dass man ihm immer folgen und auf seine Anweisungen hören sollte.

Nach einem kräftezehrenden Abstieg von fast 1.400 Höhenmetern haben wir uns eine Pause auf der Wimbachgrieshütte (1.327 Metern)verdient. Diesmal darf sie ruhig etwas länger ausfallen – der schwierigste Teil und die schwierigsten Stellen liegen jetzt hinter uns.

Der Grat zum Südgipfel - erste Etappe des zweiten Tages der Watzmann Überschreitung

Die letzte Etappe der Watzmann Überschreitung – so gut wie geschafft

Bis zum Wimbachschloss steht uns noch ein ca. 4 Kilometer langer Abstieg bevor, die letzten 2 Kilometer davon wieder auf einem bequemen Forstweg. Auch wenn wir weiter an Höhe verlieren – wir sind schon im Tal, das Ende unserer Gratwanderung ist langsam abzusehen. Kurz vor 16 Uhr sind wir am Wimbachschloss angelangt.

Unter anderen Umständen würden wir auch hier, im ehemaligen Schloss der Wittelsbacher, Station machen. Das Schloss thront auf immerhin 946 Metern Höhe, mit dem Rücken zu einer Felswand, und offeriert Wild- und andere Spezialitäten aus der Region. 

Vor uns liegen jetzt noch gute 4 Kilometer bis zu unserem Ausgangspunkt, dem Parkplatz Wimbachbrücke. Auf den letzten Metern nach einem scheinbar nicht enden wollenden Marsch kommt der Parkplatz dann gegen 17 Uhr in Sicht.

Wir können es kaum glauben: Wir haben die Überschreitung des Watzmanns, eine der schönsten, wenn nicht die schönste Gratwanderungen der Alpen, erfolgreich bewältigt und unser Ziel erreicht! Glücklich, erschöpft und auch ein wenig stolz auf unsere Leistung steigen wir ins Auto und fahren zurück nach Raumsau, zu unserer Unterkunft.

Der Grat zum Südgipfel - erste Etappe des zweiten Tages der Watzmann Überschreitung

Fazit unserer Watzmanntour

Wichtig: Auch wenn es möglich ist, sich an einigen Stellen mit einem Klettersteigset am Watzmann zu sichern, ist diese Überschreitung des Watzmanns kein Klettersteig! Der Weg beinhaltet auch viele ausgesetzte Passagen, diese erfordern nicht nur eine absolute Trittsicherheit, sondern auch Schwindelfreiheit und eine gewisse alpine Erfahrung. Zudem sollte jeder Wanderer eine sehr gute Kondition mitbringen, denn die Watzmann Überschreitung ist eine sehr anspruchsvolle Bergtour. Sie hat einen hohen Schwierigkeitsgrad und sollte nur von geübten Bergsteigern, und falls möglich nie ohne Sicherung, absolviert werden.

Diese Tour ist nicht empfehlenswert für Wanderer ohne Bergerfahrung!

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