Heute möchte ich euch von meiner 7-tägigen Nord-Süd Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran auf dem europäischen Fernwanderweg E5 berichten. Der Wanderweg ist wirklich toll angelegt und führt durch wechselnde Landschaften von Deutschland nach Italien. Wir hatten das Glück fast allein auf dem Weg zu sein, da schlechtes Wetter angekündigt war, wir aber verschont wurden und viele Bergsteiger die Tour abgesagt haben dürften. Ansonsten ist der E5 mittlerweile doch schon sehr überlaufen, sodass man bereits sehr früh Plätze auf der Hütte reservieren muss, um einen sicheren Schlafplatz zu bekommen.

Der Abschnitt von Oberstdorf nach Meran ist die kürzere Variante (von etwa 100 km Strecke) neben der anderen Möglichkeit die Alpenüberquerung in Bozen zu beenden. Natürlich sind das beides nur kurze Wegabschnitte des E5, der von Pointe du Raz (F) auf einer Länge von 3050km nach Verona (I) führt. Insgesamt durchziehen 11 Fernwanderwege auf etwa 55.000 Kilometern Europa.

Auf unserer ersten Etappe machen wir am Christlesee RastDie Tagesetappen sind gut zu schaffen, etwa 15-20 km pro Tag bei etwa 1100 Höhenmetern im Auf- und Abstieg. Eine körperliche Vorbereitung ist aber angesagt, um sich nicht „tot zu laufen“, Auf unserer ersten Etappe machen wir am Christlesee Rastdenn die Kilometer und Höhenmeter wollen bewältigt sein, vor allem da ja auch ein Rucksack zu tragen ist. Demnach darf der Rucksack nur das Nötigste enthalten. Für mich war die Überquerung eine gute Möglichkeit mein Material auf Herz und Nieren zu prüfen und mich auf Peru vorzubereiten.

Der Weg selbst ist ein auch ein kulinarischer Genuss, da es auf dem Weg viele Einkehrmöglichkeiten gibt, die zum Verweilen einladen. Auf dem Weg treffen sich verschiedene Bergsteigermentalitäten. Nutzen die einen das Angebot das Gepäck mit der Materialseilbahn auf die Hütte transportieren zu lassen, ist das für andere nicht nachvollziehbar. Im Prinzip muss jeder selbst wissen, was er will. Gleiches gilt für die Fahrt mit dem Taxi oder Bus, um einige Streckenabschnitte abzukürzen. Als eher klassisch orientierte Bergsteiger haben wir unsere Rucksack selbst getragen und auch einiges an Verpflegung mit uns herumgetragen…

1.Tag: Oberstdorf (814m)-Kemptner Hütte (1844m)

Wir starten mit dem Zug von Fulda und erreichen Oberstdorf (814m) gegen Mittag. Zur An- und Abreise zum E5 bietet sich der Zug geradezu an, da die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel wirklich gut ist und man sich Umwege sparen kann.
Kaum haben wir uns orientiert, beginnen wir auch schon mit dem Aufstieg. Heute erwarten uns 1050 Höhenmeter und eine Strecke von knapp 15 km, um auf die Kemptener Hütte (1844) zu gelangen. Nach einigen Metern haben wir schon bald die Zivilisation hinter uns gelassen. Am Christlesee machen wir eine Rast und genießen die Aussicht. Die Berge des Allgäu kommen mit jedem Meter ein Stückchen näher und wir haben das Glück ein Murmeltier beobachten zu können. Durch eine Klamm zieht sich der Weg vorbei an Schneeresten zur Hütte, die wir nach etwa 4½ Stunden erreichen. Auf der Terrasse können wir bei Kaffee und Kuchen den Sonnenschein genießen. Der Abend klingt mit einem guten Essen aus und nach einer Nacht mit einem tiefen Schlaf starten wir schon früh morgens Richtung Memminger Hütte (2242m).

2.Tag: Kemptner (1844m) – Memminger Hütte (2242m)

Heute wollen 1300 Höhenmeter im Aufstieg, etwa 900 Höhenmeter im Abstieg und eine Strecke von 25 km bewältigt werden. Wir sind noch dabei uns einzulaufen und unser Tempo zu finden, was diesen Tag sehr anstrengend macht. Los geht es um 07.00 Uhr. Kurz hinter der Hütte kommen wir schon nach Österreich. Der Weg führt uns an einem Wasserfall vorbei in das Dorf Holzgau (1103m). Wir sind nun im Lechtal unterwegs. Ein lohnender Abstecher auf dem Weg ist der Höhenweg Hermine, der nach einer knappen Stunde wieder auf den E5 zurückführt.
Wir laufen entlang des Parseierbaches bis der Weg schließlich steiler wird. Zunächst führt der Weg durch Latschenkiefern, dann über Wiesen bis wir schließlich die Memminger Hütte erreichen. Die Lage ist traumhaft, da sie von vielen Gipfeln in einer Art Kessel umrahmt wird.

3. Tag: Von der Memmimger Hütte nach Zams

Heute starten wir um 08.00 Uhr. Kurz nach der Hütte führt der uns der Weg an einigen kleinen Seen vorbei, bis er immer steiler wird und wir über die Seescharte (2600m) das Inntal betreten. Den Großteil der 500 Höhenmeter im Aufstieg haben wir so schon geschafft. Allerdings steht uns noch der 15 km lange Abstieg von 2000 Höhenmetern bevor. Über Geröllfelder und Altschneefelder zieht sich der Weg bergab. Zwischendurch gönnen wir uns eine leckere Brotzeit mit Speck und Käse auf einer Alm. Der Weg führt weiter entlang eines Baches und schließlich durch Nadelwald abwärts. Zum Schluss steht noch das Zammer Loch an, ein ausgesetzter Weg, der wirklich toll angelegt ist. Der Gedanke daran, dass hier Kühe von den Almen ins Tal getrieben werden, ist wirklich etwas verrückt. In Zams bekommen wir kein Quartier, sodass wir uns dazu entschließen mit dem Bus nach Mittelberg zu fahren. Die Entscheidung fällt nicht so schwer, da es das Wetter am Nachmittag nicht gut mit uns meint.

4.Tag: Mittelberg (1736m) – Braunschweiger Hütte(2758m)

Blick zum GletscherHeute steht uns ein Aufstieg von 1000 Höhenmetern und etwa 5 km Strecke bevor. Wir sind froh, dass wir nicht absteigen müssen, da uns der lange Abstieg von gestern noch in den Knochen sitzt. Der Weg auf die Braunschweiger Hütte führt entlang eines Baches und vorbei an einem Wasserfall. Ein Teil des Weges führt entlang der Skipiste. Im Sommer kann man das sehen, was im Winter verborgen bleibt.

Das Gletschergebiet um die Braunschweiger Hütte ist eine wirkliche Augenweide und ein starker Kontrast zu dem bisherigen Weg. Der Weg ist sehr steil und bietet tolle Blicke ins Pitztal. Nach einer kurzen Rast auf der Hütte entschließen wir uns noch eine kleine Gipfeltour zu unternehmen, da wir früher als gedacht die Hütte erreichen und noch Kraft haben. Wir wandern bis zum Pitztaler Jöchl und kraxeln die letzten Meter über den Grat auf das Pitztaler Jochköpfl (3023m).

5.Tag: Braunschweiger Hütte – Martin Busch Hütte

Abstieg übers Schneefeld - Blick Richtung Martin Busch HütteDer Tag heute beginnt früh, da uns heute eine Strecke von 21,5 km erwartet. Der Aufstieg zum Pitztaler Jöchls (3000m) ist sehr steil und mit Stahlketten versichert. Diesen Abschnitt kennen wir ja noch von gestern, aber mit dem Gepäck geht es doch etwas schwerer. Der Abstieg führt uns über ein dauerhaftes Schneefeld, sodass wir uns kurzerhand dazu entschließen eine kleine Rodelfahrt einzulegen und uns auf den Hintern setzten und das Schneefeld runtersausen.

Am Parkplatz des Restaurant Rettenbachgletscher steigen wir in den Bus, um den Rosi Mittermeier Tunnel zu überwinden, der uns bis zum Parkplatz am Tiefenbachferner bringt. Von dort führt ein toller Panoramaweg (Via Alpina) nach Vent (1896m). Anschließend geht es lang über den Fahrweg bergan bis wir die Martin Busch Hütte (2501m) erreichen. Auf dem Weg kommen wir an einer alten Schäferhütte vorbei. Trotz des nur mäßigen Wetters ist hier viel los, da für die nächsten Tage gutes Wetter gemeldet ist.

Wir hatten vergessen zu reservieren, sodass wir zunächst ohne Unterkunft dastehen. Das Personal ist uns aber gnädig gestimmt und wir werden im letzten freien Zimmer untergebracht: im Bergführerzimmer. Die 950m Auf- und 1350m Abstieg haben uns doch ganz schön geschafft.

6.Tag: Martin Busch Hütte

Unser Ausblick von der KreuzspitzeDer Tag heute war als Puffertag eingeplant, da wir die Zugfahrt bereits früh gebucht hatten und schauen wollten, ob unsere Planungen aufgehen. Kurzerhand unternehmen wir also eine Gipfeltour zur Kreuzspitze (3457).

Danach tut es richtig gut, sich auf der Hütte auszuruhen, das Panorama zu genießen und sich kulinarisch verwöhnen zu lassen. Zudem ist es schön bereits im Voraus zu wissen, wo man heute Abend schlafen wird. 😉

7.Tag: Martin Busch Hütte (2501m) – Meran

Heute steht uns die letzte Etappe unserer Alpenüberquerung mit 560m Aufstieg, 1340m Abstieg und einer Strecke von 10km bevor. Wir sind früh unterwegs und haben das Glück zu sehen, wie der Nebel im Tal hängt, während wir im Sonnenschein stehen.

Blick zum SimilaunZunächst wandern wir über Almwiesen, dann über Geröll und Schutt. Kurz bevor wir die Similaunhütte (3019m) erreichen, gilt es den Niederjochferner zu überqueren. Hierfür ist aber keine Gletscherausrüstung nötig und wir schaffen den Abschnitt ohne Probleme. Wir können viele Seilschaften beobachten, die auf Weg zum Similaun sind. Mittlerweile sind wir in Italien angekommen, unweit der Ötzi-Fundstelle.

Bei einer Rast auf der Hütte genießen wir den Blick auf das Ortlermassiv. Der smaragdgrüne Vernagtstausee im Schnalstal (1711m), unser nächstes Ziel, schimmert schon im Tal. Über einen steilen, felsigen Steig steigen wir ab, bis der Weg breiter wird und uns durch einen Lächenwald zum Vernagtstausee führt. Mit einer Tasse Kaffee auf der Veranda eines Restaurants überbrücken wir die Wartezeit auf den Bus nach Meran und genießen das großartige Gefühl die Überquerung geschafft zu haben.

Mit dem Bus geht es anschließend in 1.30 h nach Meran. Als wir schließlich ankommen, fühlen wir uns im Trubel der Stadt noch nicht so richtig wohl. Bei einer leckeren Pizza in der herrlichen Altstadt in Meran unter den Arkaden legt sich dieses Gefühl aber bald und die schmerzenden Füße sind bald vergessen…

Hier findet ihr nochmal alle Bilder der Alpenüberquerung:

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